„Es ist bis heute nicht gelungen, den Service der Ausländerbehörde kundenfreundlich zu gestalten“

Rede am 27.7.2023 bei der Demonstration des AStA der TU Darmstadt und weiterer Organisationen für bessere Bedingungen bei der Ausländerbehörde


Guten Tag,

ich freue mich, dass trotz des misslichen Wetters viele Menschen gekommen sind, um ihre Empörung auf die Straße zu tragen und um den Druck auf die Stadt hoch zu halten.

Denn das ist nötig, um in dieser Angelegenheit die politische Ebene der Stadtverwaltung in Bewegung zu bringen und zu halten.

Genau auf diese Weise ist das Thema überhaupt in die öffentliche Wahrnehmung gelangt: Ende 2020 hatte ebenfalls der AStA – damals noch in der Grafenstraße – eine Kundgebung organisiert und damit auf die gravierenden Probleme hingewiesen, die zwar schon jahrelang existierten, nun aber immer unerträglicher geworden waren.

Die Lokalpresse berichtete, so erfuhren wir davon und konnten auch unseren Teil beitragen, indem wir eine Anfrage an den Ordnungsdezernenten stellten, die das ganze Ausmaß der Rückstände und der personellen Unterbesetzung verdeutlichte. Mit vereinten Kräften haben wir die Darmstädter Ausländerbehörde am Ende auch hessenweit zum Thema gemacht, und seitdem bemüht sich der Magistrat endlich ernsthaft, die Service-Krise zu beheben.

Ich möchte den verschiedenen Stadtregierungen der vergangenen Jahre oder eher Jahrzehnte nicht vorwerfen, dass in der Ausländerbehörde gezielt eine Kultur der Abschreckung geschaffen werden sollte. Aber ich finde, es hat doch mit strukturellem Rassismus zu tun, dass es nicht das Einwohnermeldeamt oder das Standesamt ist, sondern eben die Ausländerbehörde, bei der so krass am Personal gespart wurde, bei der man so wenig auf die internen Abläufe geachtet hat, und wo so wenig auf die Kritik der sogenannten Kundinnen und Kunden gehört wurde. Und das, obwohl Karrieren und sogar Existenzen durch ein Versagen der Ausländerbehörde in Frage gestellt werden.

Die Kundgebung in der Grafenstraße ist jetzt zweieinhalb Jahre her.

Trotz der Anstrengungen des Magistrats, der Behörden-Führung und der Beschäftigten ist es jedoch bis heute nicht gelungen, den Service der Ausländerbehörde kundenfreundlich zu gestalten. Insbesondere die Wartezeiten im Amt und die Reaktionszeiten im Schriftverkehr wurden offenbar noch nicht entscheidend verbessert.

Deshalb habt ihr euch zu Recht hier versammelt!

Der zuständige Dezernent hat zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt, dass die Lage sich im Sommer dieses Jahres normalisiert haben würde. Eigentlich dürfte es diese Demo heute also gar nicht geben.

Wir müssen leider feststellen, dass das Tempo der Normalisierung immer wieder deutlich hinter den Ankündigungen zurückbleibt.

Woran das liegt ist mir nicht so ganz verständlich:

  • Seit anderthalb Jahren existieren 12 zusätzliche Stellen,
    von denen viele auch schon längere Zeit besetzt sind.
  • Die neuen Räumlichkeiten sind seit einigen Monaten bezogen.
  • Es hat eine Prozessanalyse stattgefunden,
    in deren Folge die Arbeitsabläufe verändert
    und Schritte der Digitalisierung umgesetzt wurden

Da verwundert es schon, dass die Betroffenen kaum etwas davon merken und immer noch eine katastrophale Situation erleben, so wie sie hier auf der Kundgebung von einigen Betroffenen nochmal geschildert wurde, und wie sie der Ausländerbeirat bei seiner letzten Sitzung ebenfalls beklagt hat.

Der zuständige Dezernent in der Stadtverwaltung hat in der letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung versprochen, dass sich die internen Veränderungen spätestens im kommenden Herbst auch für die Kundinnen auswirken werden und dass die Behörde danach einen normalen Service bieten würde – ohne die Notwendigkeit nächtlicher Warteschlangen und ohne Online-Termine, die Sekunden nach ihrer Freischaltung schon vergeben sind.

Wir alle werden ihn beim Wort nehmen, und eine weitere Verzögerung nicht akzeptieren!

Ich will auch etwas zur Situation der Beschäftigen bei der Behörde sagen:

  • Die Kolleginnen und Kollegen leiden unter der Unterbesetzung, dem Arbeitsdruck und unter dem schlechten Ruf der Behörde.
  • Sie sind diejenigen, die den Zorn der Betroffenen direkt abbekommen. Und zwar nicht nur über die Zustände an der Darmstädter Behörde, sondern auch über die restriktive deutsche Aufenthalts-Gesetzgebung!
  • …und für diesen ganzen Stress war die Bezahlung bisher schlechter als in vergleichbaren Behörden

Das macht respektloses Verhalten, von dem berichtet wird, zwar nicht akzeptabel, erklärt aber vielleicht die Ursachen. Wenn diese Ursachen aus der Welt geschafft sind, dann müsste sich das auch auf den Umgang in der Behörde auswirken.

Natürlich ist es außerdem richtig und wichtig, die interkulturellen Kompetenzen zu stärken. Das sollte einerseits durch die Einstellung und Ausbildung von Menschen mit entsprechenden Migrationshintergründen geschehen, und andererseits durch ein Fortbildungsangebot. Hierzu habe ich vor, dem Magistrat eine Anfrage zu stellen.

Dazu habe ich noch einen Hinweis oder eine Bitte:

Wenn jemand in der Behörde ungerechtfertigte Schikanen erlebt oder sich respektlos behandelt fühlt, dann ärgert euch nicht im Stillen, sondern berichtet davon: dem AStA, eurer Gewerkschaft oder auch der Stadtverordneten-Fraktion eures Vertrauens. Schreibt eine Mail an den Leiter der Behörde
oder an den Ordnungsdezernenten. Lasst euch zu problematischen Terminen begleiten – das schafft gleich eine andere Atmosphäre für das Gespräch, und ihr habt eine Zeugin oder einen Zeugen,
wenn ihr euch danach gegen ein Fehlverhalten wehren wollt.

Und wenn ihr den Eindruck habt, dass die Behörde Ermessenspielräume nicht ausnutzt, um eure Wünsche besser, schneller und unbürokratischer zu erfüllen, dann teilt uns das bitte mit!
Wir erfahren als Stadtverordnete sonst nichts von solchen Details. Es gibt auf der politischen Ebene
die Möglichkeit, so etwas anzusprechen. Dadurch ist es uns bereits gelungen, eine konkrete Verbesserung für afghanische Geflüchtete zu erreichen.

Gut dass ihr hier seid und Druck macht!

Bleibt dran, wehrt euch weiter!