„Uns beschäftigen die Bezüge der Führungskräfte unserer kommunalen Unternehmen“

Rede zum Beteiligungsbericht für das Jahr 2022 (Vorlage 2023/0330) in der Stavo am 2.11.2023

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Beteiligungsbericht dokumentiert, dass unsere Stadtwirtschaft in dieser schwierigen Zeit mit den Verwerfungen durch Corona, Ukraine-Krieg und Inflation nicht in eine Schieflage gekommen ist und teilweise sogar gute Ergebnisse erzielen konnte.

Von den großen Unternehmen tut sich nur das Klinikum ein bisschen schwer in den Untiefen der Gesundheitspolitik von Bund und Land. Diese entzieht sich den Pflichten der dualen Finanzierung und stellt mit dem Fallpauschalensystem keine ausreichenden Mittel für eine gute medizinische Versorgung bereit. Das betrifft besonders Maximalversorger wie unser Klinikum.

Aber im Großen und Ganzen ist die Lage unserer Unternehmen stabil und aus Sicht der Stadt erfreulich

Doch die Bürgerinnen haben nicht alle Grund zur Freude, denn viele Haushalte stehen sozusagen auf der anderen Seite der Gewinn- und Verlustrechnung. Damit meine ich vor allem die Mieterinnen der Bauverein AG, die auch im vergangenen Jahr mit ihren Mietzahlungen wieder für einen Überschuss von fast 11 Mio Euro gesorgt haben, von dem auch wieder 6 Mio Euro an den Stadtkonzern abfließen, um dort Finanzierungslücken zu schließen. Von dieser Ausschüttung könnte man für jede frei finanzierte Wohnung der BVAG die Monatsmiete um 50 Euro verringern!

Wir finden das nicht in Ordnung. Es ist nicht die Aufgabe eines öffentlichen Wohnungsbauunternehmens, Gewinne fürs Stadtsäckel zu erwirtschaften. Jedenfalls nicht in Zeiten wie diesen, wo die Mieten rasant steigen, und nicht in einer Stadt wie Darmstadt, die bei den Wohnkosten ganz vorne in den Ranglisten steht.

Die 10.000 Beschäftigten der Unternehmen des Stadtkonzerns haben entscheidenden Anteil an dem wirtschaftlichen Erfolg. Ihnen möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich für ihren Einsatz danken!

Doch nicht alle von ihnen bekommen den angemessenen Lohn für die gute Arbeit. Damit meine ich die 300 Beschäftigten der SSG, die von dem Subunternehmen des Klinikums mit Niedriglöhnen deutlich unter Tarif abgespeist werden und die dabei oft genug durch sachgrundlose Befristungen noch zusätzliche Unsicherheit zugemutet bekommen.

Auch das ist nicht in Ordnung. Wir werden nicht aufhören diese öffentliche Lohndrückerei zu kritisieren, solange der inakzeptable tariflose Zustand nicht beendet wird.

Ein weiteres Thema das uns beschäftigt sind die Bezüge der führenden Managerinnen unserer großen kommunalen Unternehmen. Das hatte ja auch für das Darmstädter Echo Nachrichtenwert.

Es ist es bemerkenswert und auch fragwürdig, dass einige der Vorstände und Geschäftsführer mehr als das Doppelte des Gehalts des Oberbürgermeisters bekommen, manche sogar fast das Dreifache.

Im Vergleich mit einer langjährigen Angestellten der Stadt in der niedrigsten Entgeltgruppe 1 haben wir sogar einen Unterschied um den Faktor 10, der sich zwischen den am schlechtesten und den am besten bezahlten Arbeitskräften in unserer Stadt auftut.

Mir ist klar, dass die Gehälter des oberen Managements in privaten Großkonzernen noch sehr viel höher liegen. Bekanntlich gibt es in der Gesellschaft für solche exorbitanten Einkommen aber auch nur sehr wenig Verständnis. Wir sehen die Gefahr, dass die Akzeptanz der Bürgerinnen für die wachsende Einkommensspreizung auch im kommunalen Umfeld allmählich schwindet.

Ein Blick auf die Entwicklung der letzten 5 Jahre zeigt, dass die Schere tatsächlich immer weiter auseinander geht. Im Zeitraum zwischen 2017 und 2022 sind bei einer Inflation von 14% die Löhne in Hessen um durchschnittlich 7% gestiegen, die Tariflöhne immerhin um 9%.

Die Bezüge der meisten Spitzenverdiener im Stadtkonzern hingegen wurden von 2017 bis 2022 um 15 bis 20 Prozent erhöht. Der Inflationsausgleich, um den die meisten Beschäftigtengruppen bisher vergeblich gekämpft haben, kommt in unseren Führungsetagen offenbar von ganz alleine. Dabei sind es doch die Menschen mit den niedrigen Einkommen, die diesen Ausgleich dringend zum Erhalt ihres Lebensstandards benötigen.

Da frage ich mich: Warum bindet man den Anstieg dieser Spitzenbezüge eigentlich nicht an die durchschnittliche Gehaltsentwicklung der Beschäftigten in den jeweiligen Unternehmen?

Die Stadtverordnetenversammlung entscheidet nicht über die Entlohnung der Vorstände unserer Unternehmen. Ich appelliere aber an die Stadtverordneten und die Stadträte, die in den Aufsichtsräten diese Entscheidungen treffen: Halten sie künftig Maß bei der Bemessung der Bezüge und lassen Sie diese nicht weiter aus unserem kommunalen Lohngefüge hinauslaufen.

Nach der Kritik möchte ich auch noch Lob und Dank loswerden.

Zum einen dafür, dass die meisten Gremien und Vorstände der Veröffentlichung der Angaben zu den Einkünften zugestimmt haben. Ich würde mir wünschen, dass in künftigen Berichten die diesbezüglichen Leerstellen bei einigen Unternehmen auch noch gefüllt werden.

Und ich richte ein besonderes Lob an diejenigen, die an der Erstellung der Broschüre mitgewirkt haben. Sie ist ein informatives, umfassendes und übersichtliches Nachschlagewerk für alle, die sich mit unserer Stadtwirtschaft befassen. Ich benutze das Dokument regelmäßig bei meiner Arbeit und kann feststellen, dass es auch die kritische Auseinandersetzung mit Aspekten unserer Stadtwirtschaft einfacher macht.

Vielen Dank!