Rede zum Antrag zur Herausgabe der Machbarkeitsstudie für die Rheinstraßenbrücke (SV-2025/0021) in der Stavo am 24.06.2025
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Sie haben wahrscheinlich über die Presse mitbekommen, dass aus der Bürgerschaft ein Antrag nach der Informationsfreiheitssatzung gestellt wurde, die komplette Machbarkeitsstudie zur neuen Rheinstraßenbrücke zur Verfügung zu stellen. In unserer Antragsbegründung ist wörtlich nachzulesen, welche Argumente der Magistrat anführt,um das Dokument nicht herausgeben zu müssen.
Diese Argumente sind juristisch abenteuerlich und zeugen nicht von demokratischem Geist.
Erstens wurde das Dokument rückwirkend zum Entwurf herabgestuft, obwohl es zuvor als Grundlage für eine abgeschlossene Entscheidung des Magistrats gedient hatte. Es sei nachträglich Änderungsbedarf erkannt worden. Mit diesem Manöver kann der Magistrat die Herausgabe praktisch jedes unangenehmen Dokuments verweigern, denn irgendein Änderungsbedarf findet sich immer.
Zweitens wird das Hessische Informationsfreiheitsgesetz fälschlicherweise wörtlich und nicht analog für die Stadt Darmstadt angewendet. Dadurch soll die Tatsache, dass die Studie angeblich bei der Landesregierung zur Entscheidung vorliegt, ihre Herausgabe unmöglich machen. Im Gesetz und bei dessen analoger Anwendung geht es aber darum, dass Dokumente, die in einer laufenden Willensbildung auf der jeweiligen politischen Ebene eine Rolle spielen, unter Verschluss bleiben dürfen. In unserem Fall geht es also um den Magistrat, der aber seine Entscheidung bekanntlich bereits getroffen hat.
Drittens – und das ist besonders bemerkenswert – wird die Herausgabe der Studie verweigert, weil die Öffentlichkeit ihren Inhalt auf unprofessionelle Weise fehlinterpretieren könnte. Dies könne die öffentliche Akzeptanz der vorgesehenen Änderungen des festgestellten Plans für die Brücke gefährden.
Mit diesem Bekenntnis zur Expertendemokratie ist der Magistrat schon beim Klimaschutzgutachten auf öffentliche Empörung gestoßen und musste das Gutachten am Ende herausgeben. Ich hoffe es ergeht ihm diesmal ähnlich.
Laut §76 Verwaltungsverfahrensgesetz müssen es „Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung“ sein, die die Stadt angeblich eingereicht hat und die gerade vom Wirtschaftsministerium geprüft würden. Andernfalls wäre ein neues Planfeststellungsverfahren notwendig, und das soll ja mit aller Kraft vermieden werden. Aber weshalb sollten die Hintergründe von unbedeutenden Planänderungen in der Stadtgesellschaft für Furore sorgen?Oder sind die Änderungen gar nicht so unerheblich? Immerhin ist zu ihrer Begründung eine Machbarkeitsstudie notwendig, an deren Erstellung mehrere Monate gearbeitet worden ist.
Aus meiner Sicht beweist schon die Sorge um die Auswirkungen einer öffentlichen Debatte auf den Genehmigungsprozess, dass die Änderungen bedeutsam sind.
Ich glaube, hier ist das Motiv zu suchen, warum die Studie nicht veröffentlicht werden soll. Es geht weniger um mögliche Missverständnisse bezüglich der Ausführung der neuen Brücke, die in der Stadt Aufregung erzeugen könnten. Der Magistrat befürchtet vielmehr, dass durch die Herausgabe der Studie klarer feststellbar wird, dass der Schwenk von einer drei- zu einer einfeldrigen Brücke keinesfalls als unwesentliche Planänderung zu bewerten ist.
Und eine entsprechende öffentliche Diskussion könnte natürlich die angeblich bestehende Bereitschaft des Ministeriums schmälern, auf eine komplette Planfeststellung für das veränderte Brückenbauwerk zu verzichten.
Ich habe in meinen Ausführungen mehrmals angedeutet, dass ich Zweifel habe, ob der Magistrat seinen Änderungsantrag überhaupt eingereicht hat. Denn mir liegen Aussagen aus dem Wirtschaftsministerium vor, dass dort bis heute kein solcher Antrag eingegangen sei. Laut der Magistratsvorlage des Mobilitätsdezernenten, über die wir in der vorigen Sitzung diskutiert hatten, wurde der Antrag aber schon im März dieses Jahres übergeben, und die Genehmigung wird bis Ende nächster Woche erwartet.
Über den weiteren Verlauf dieses rätselhaften Vorgangs bin ich sehr gespannt.
Die Geheimniskrämerei um die Machbarkeitsstudie vermittelt den Eindruck, dass der Alleingang von Paul Wandrey und Hanno Benz mit der neuen Brückenkonstruktion nicht so reibungs- und widerspruchslos vonstatten geht, wie uns regelmäßig versichert wurde.
Ich habe die Befürchtung, dass wir nach dem Prinzip Hoffnung in eine Sackgasse geführt werden, die zusätzliche Zeit kostet, anstatt den Bau der Brücke zu beschleunigen.
Genau deshalb brauchen wir jetzt eine öffentliche Debatte und dazu braucht es öffentlichen Zugang zu der Machbarkeitsstudie!
Quelle: Antrag der Fraktion Die Linke