Rede in der Debatte zum Beteiligungsbericht der Stadtwirtschaft in der Stavo am 12.11.2024
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist erfreulich, dass die Stadtwirtschaft im vergangenen Jahr wieder ein gutes Ergebnis erwirtschaftet hat,
und dass sich dort (anders als bei der Stadt selbst) im Großen und Ganzen keine finanziellen Krisenerscheinungen angebahnt haben. Auf die eine wichtige Ausnahme von dieser Bewertung komme ich noch zu sprechen.
Dafür wollen wir uns als Fraktion bei allen Beteiligten bedanken, insbesondere bei den Beschäftigten an der betrieblichen Basis. Sie haben oft unter großem Stress und Personalmangel, mitunter auch zu schlechten Löhnen, gute Arbeit geleistet und diesen Erfolg überhaupt erst möglich gemacht!
Mit schlechten Löhnen meine ich – das wissen Sie! – vor allem die 300 Beschäftigten der SSG, also der Service-Tochter des Klinikums, die mit Niedriglöhnen deutlich unter Tarif abgespeist werden und die dabei oft durch sachgrundlose Befristungen noch zusätzliche Unsicherheit zugemutet bekommen. Die Zahl dieser Befristungen ist zurückgegangen: ich hoffe dass dies kein Zufall ist, sondern ein bewusst eingeschlagener Weg. An der Tariflosigkeit der Kolleg*innen hat sich leider nichts geändert. Solange dieser untragbare und mit der Stadtwirtschaftsstrategie unvereinbare Zustand existiert, werden Sie sich von uns diese Kritik anhören müssen.
Durch die Integration des „KA-GEL“ in den EAD gibt es nun ein zweites Thema, das ich in diesem Zusammenhang ansprechen möchte. In dem Inklusionsbetrieb arbeiten 20 Personen,
die größtenteils nach Mindestlohn bezahlt werden. Natürlich ist zu berücksichtigen, dass dort Menschen mit Behinderungen arbeiten, die in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen und Förderung benötigen. Trotzdem frage ich mich, warum sie nicht in den TVöD eingegliedert und wenigstens nach den Niedriglohngruppen 1 oder 2 tariflich bezahlt werden können? Das wäre ein Zeichen von Respekt und Anerkennung, die aktuelle Situation ist hingegen eine Sonderbehandlung, die beendet werden muss.
Bei den Führungskräften im KA-GEL geht es hingegen nicht um Inklusion und Förderung. Trotzdem sind sie tariflos angestellt, mit einer 40-Stunden-Woche und 25 Tagen Jahresurlaub. Ihr Entgelt wird mit der Geschäftsführung ausgehandelt. Das ist Lohnpolitik nach Gutsherrenart und eines öffentlichen Betriebs nicht würdig. Ich appelliere in diesem Fall an den Stadtkämmerer und an den EAD das KA-GEL in die Tarifbindung aufzunehmen.
Auf der anderen Seite sind einige – nicht alle! – Vorstandsgehälter seit 2021 stärker gestiegen als die allgemeine Lohnentwicklung. 20 Prozent bei der Sparkasse oder zwischen 12 und 16 Prozent bei der entega.
Für die Sparkasse wurde vor einem Jahr die von uns beantragte Einführung eines vergünstigten Basiskontos zurückgewiesen und stattdessen die Kontoführungsgebühren erhöht, während das Gehalt des Vorstandsvorsitzenden um über 100.000 Euro gewachsen ist. Das passt nicht zusammen.
Die Gehaltsspreizung in den kommunalen Unternehmen muss kleiner werden, nicht größer!
Ich komme nun zur Eingangs erwähnten Ausnahme von den guten finanziellen Ergebnissen im Stadtkonzern. Der Verlust des Klinikums ist erschreckend. Zuletzt hatten die Corona-Hilfen die strukturellen Probleme noch verdeckt, nun kommt auch bei uns die nackte Realität der deutschen Klinikfinanzierung voll zur Geltung. Das Land entzieht sich den Pflichten der dualen Finanzierung und der Bund stellt mit dem Fallpauschalensystem nicht die nötigen Mittel für eine gute medizinische Versorgung bereit.
Die Lauterbach-Reform soll die Fallpauschalen teilweise abschaffen. Doch es ist zu bezweifeln, dass die Reform eine grundlegende Verbesserung erreicht, falls sie überhaupt so durchgeführt wird. Denn es soll ja nicht mehr Geld ins Gesundheitssystem fließen, sondern man versucht die finanzielle Effizienz durch die Bildung großer Einheiten und die Schließung kleiner Häuser zu erhöhen. Dadurch stehen wir in Darmstadt mit unserem für die Region so wichtigen Krankenhaus der Maximalversorgung bereits jetzt vor einem massiven strukturellen Defizit. Und für die Zukunft wird uns außerdem durch neue Finanzierungsregeln Druck gemacht, eine noch größere Einheit zu schaffen. Dazu werden bekanntlich Verhandlungen über die Fusionierung mit dem Elisabethenstift geführt.
Dieses Vorhaben ist schwierig, nicht umsonst wurde der Terminplan gerade um ein halbes Jahr gestreckt. Es geht um eine gerechte Zusammenführung unterschiedlicher Unternehmenskulturen, insbesondere bezüglich der Entlohnung und der Mitbestimmung. Zweitens darf die demokratische Kontrolle der Stadt über die neue Holding nicht verloren gehen. Und drittens muss die Verschmelzung am Ende die medizinische Versorgung für Südhessen verbessern und nicht verschlechtern.
Wir wollen endlich einen Einblick zu bekommen in die Zwischenergebnisse der Verhandlungen. Meilensteine wie z.B. der gemeinsame „Letter of Intent“, also die erklärten Absichten der Beteiligten, hätten für die öffentliche Diskussion freigegeben werden können. Und das medizinische Konzept der Zusammenlegung, das nach unserer Kenntnis schon weit gediehen ist, muss den Beschäftigten der beiden Häuser und der Öffentlichkeit zeitnah zur Verfügung gestellt werden.
Das Wort „Transparenz“ findet sich 44 Mal im Beteiligungsbericht. Der Fusionsprozess des Klinikums ist jedoch bisher ziemlich intransparent.
Und schließlich noch zwei Bemerkungen zu unserem größten Unternehmen, der entega. Grundsätzlich finden wir es in Ordnung, dass die entega Gewinne erzielt und diese abführt bzw. damit Verluste im Stadtkonzern ausgleicht. Denn anders als z.B. bei der Bauverein AG ist ihr Auftrag nicht schwerpunktmäßig auf die einkommensschwächeren Haushalte Darmstadts gerichtet.
Was wir aber kritisieren ist der hohe und vor allem intransparente Fernwärmepreis. Um die Energiewende für die breite Bevölkerung leistbar und damit akzeptabel zu machen, darf die Fernwärmenutzung nicht neben den Investitionskosten auch noch überdurchschnittliche Verbrauchskosten verursachen. Das gilt umso mehr, wenn ein Anschlusszwang beschlossen wird. Deshalb muss die Fernwärme aus unserer Sicht ohne Gewinnzuschlag kostendeckend und möglicherweise sogar subventioniert geliefert werden.
Der Beteiligungsbericht gibt über die Rolle der Fernwärme innerhalb der Ertragsstruktur der entega keine Auskunft. Wir wollen jedenfalls, dass die Stadt Darmstadt mit transparenten Fernwärme-Preisen in die Wärmewende startet, beispielsweise durch die Abrechnung über Gebühren anstatt über die aktuell verwendete fragwürdige Preisgleitformel.
Ein Ärgernis ist für uns weiterhin das Thema „Ökogas“, das wegen der untauglichen Kompensationsprojekte überhaupt nicht klimaneutral und „Öko“ ist. Trotzdem wirbt die entega unverändert mit Slogans wie: „Ökogas. Gut fürs Klima“. Es wird wahrheitswidrig behauptet, dass „durch die Klimaschutzprojekte in den vergangenen Jahren die CO2-Konzentration in der Atmosphäre gesenkt“ worden sei. Die Fragwürdigkeit der Kompensationsmärkte ist ein grundsätzliches Problem und kein individueller Fehltritt nur unserer entega. Immerhin hat das Unternehmen im Gegensatz zu anderen zugegeben, dass die Kritik der Journalisten berechtigt ist. Aber eine angemessene Folgerung aus den Enthüllungen wäre auch Zurückhaltung bei der öffentlichen Kommunikation gewesen.
Die entega hat angekündigt, dass das Produkt Ökogas bis zum Ende dieses Jahres neu aufgestellt wird. Daran will ich bei dieser Gelegenheit erinnern. Wir werden uns das Ergebnis sehr genau anschauen.
Ich möchte allen ganz herzlich danken, die mitgewirkt haben an der Erstellung des vorliegenden, wie immer sehr informativen und gut nutzbaren Beteiligungsberichts.
Nehmen Sie es mir bitte nicht allzu übel, dass ich mich in meinem Beitrag auf die Kritik konzentriert habe. Vieles von dem Lob meiner Vorrednerinnen und Vorredner hätte ich wiederholen können, aber das wäre vielleicht langweilig geworden, und Kritik zu üben entspricht ja auch besser unserer Rolle als Opposition.
Vielen Dank fürs Zuhören