„Die Koalition übt sich in Investoren-Beglückung“

Rede bei der Protestveranstaltung am 26.10.2022 gegen den Bau einer Luxus-Wohnsiedlung im Bürgerpark


Liebe Darmstädterinnen und Darmstädter,
liebe Martinsviertlerinnen und Martinsviertler,
liebe Veranstalter des heutigen Protests gegen die Luxus-Siedlung im Bürgerpark,

ich bedanke mich für die Einladung und für die Möglichkeit hier zu sprechen.

Mein Name ist Uli Franke, ich bin Stadtverordneter für DIE LINKE und seit kurzem auch OB-Kandidat meiner Partei.

Ich erinnere mich noch, als mich vor einigen Jahren jemand fragte, was das für eine Bebauung im Bürgerpark sei, gegen das ein Transparent im Biergarten sich wendete. Ich hatte noch nie davon gehört, konnte es mir nicht so recht vorstellen und antwortete, das sei wohl eher ein Missverständnis. Wenige Wochen später traf dann die erste Magistratsvorlage zu diesem Vorhaben bei uns ein und es war klar, dass die Koalition das wirklich zulassen und vorantreiben will.

Seit dem vergangenen Donnerstag ist die politische Entscheidung nun leider gefallen, mit den Stimmen der Koalition aus Grünen, CDU und Volt, sowie von der FDP, die damit natürlich die Interessen ihrer Klientel hervorragend vertritt.

Jetzt bleibt noch die Chance, dem unerfreulichen Vorhaben auf dem juristischen Weg Steine in den Weg zu legen. Ich hoffe, dass es gelingt, eine Normenkontrollklage einzureichen und dass diese erfolgreich ist.

Warum lehnen wir diese Bebauung ab?
Ich will mich auf die sozialen Aspekte konzentrieren.

Der zuständige Dezernent Michael Kolmer beteuert, die Planungen würden sicherstellen, dass die Freizeitnutzungen in der Umgebung der Wohnanlage vor Lärmklagen der künftigen Anwohner geschützt sein werden. Aber eine Garantie gibt es dabei natürlich nicht! Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Stadt sich bei der Erstellung eines Bebauungsplans diesbezüglich täuscht.

Aus meiner Sicht bleibt ein erhebliches Risiko, dass die neuen Anwohner erfolgreich klagen und der Biergarten oder die Grillhütte am Ende nicht mehr wie bisher genutzt werden können.

Außerdem benötigt das am dichtesten besiedelte Viertel der Stadt (zu dem auf dem Meßplatz noch neue Wohnungen hinzukommen werden) mehr Erholungsraum in der direkten Umgebung. Der aktuell nicht zugängliche Teich müsste also für die öffentliche Nutzung zurückgewonnen werden anstatt ihn von neuem zu umzäunen und dauerhaft zu privatisieren.

Das Thema hätte uns politisch durchaus ins Schwitzen bringen können – nämlich wenn an diesem schönen Ort Mehrfamilienhäuser mit sozialem Wohnraum geplant wären. Doch dort, wo es besonders schön ist, kommt so etwas natürlich nicht in Frage.

Wir ihr wisst übt sich die Koalition in Investorenbeglückung indem sie dem Bauherren gestattet, sich von der üblichen Pflicht zum Bau von 45% geförderten Wohnungen freizukaufen. Und zwar zu einem Preis, der längst nicht ausreicht, um diese 20 Wohnungen anderswo zu errichten. Im Übrigen wird die Ablasszahlung wohl eher die Stadtkasse schonen als dass zusätzliche Sozialwohnungen entstehen, die es sonst nicht gegeben hätte.

Im Bürgerpark entsteht also eine Luxus-Wohnanlage,

  • die eine mögliche Erweiterung des Bürgerparks dauerhaft verhindert und stattdessen die Privatisierung eines schönen Orts zementiert.
  • die wichtige Freizeitfunktionen des Bürgerparks gefährdet.
  • die an den Bedürfnissen der großen Mehrheit
    der Darmstädterinnen und Darmstädter vorbei geht.


Dieses Vorhaben kann man nur ablehnen, wenn einem die soziale Gerechtigkeit in dieser Stadt am Herzen liegt!