Rede zur Magistratsvorlage (2019/0031) bezüglich der Konzeptvergabe Klinikareal Eberstadt
Bei der Bebauung des Klinikgeländes in Eberstadt soll die 25%-Sozialwohnungsquote (Mietpreisbindung 6,30€/qm) auf andere Neubauprojekte des noch zu findenden Investors übertragen oder sogar in Bindungen von bestehende Wohnungen abgegolten werden. Das heißt: 20% der neuen Wohnungen müssen nach dem 2. Förderweg (7,50 Euro/qm) gebaut werden, die restlichen 80% dürfen als frei finanzierte Neubauwohnungen entstehen (mit bestenfalls 14€/qm). Grund ist, dass in diesem Quartier schon sehr viele Sozialwohnungen existieren.
Ich habe gegen dieses Konzept gesprochen und gestimmt. Auf städtischem Bauland muss möglichst viel geförderter Wohnungsbau entstehen, und zwar sofort und nicht hoffentlich irgendwann später. Um den Wunsch der Anwohnerinnen und Anwohner nach einer ausgewogeneren sozialen Mischung zu respektieren schlug die Linksfraktion zusammen mit der SPD vor, 40% nach dem 2. Förderweg zu bauen und weitere 30% nach einem noch einzuführenden 3. Förderweg (9€/qm). Damit blieben nur die verbleibenden 30% für Normalverdienerinnen und -verdiener unerschwinglich.
Hier ist meine Rede zu diesem leider nicht ganz einfachen Thema:
Die grüne Bundestagsabgeordnete Daniela Wagner hat unlängst in einem Interview gesagt:
„Für mehr bezahlbaren Wohnraum müssen wir am Boden ansetzen. Die Kommunen brauchen mehr Möglichkeiten, das Gemeingut Boden zu sichern“
Wo sie Recht hat, hat sie Recht.
Wenn Boden Gemeingut bleiben soll, dann sollten wir ihn aber nicht verkaufen, sondern verpachten. Nur so können wir die Gestaltungsmacht für künftige Generationen erhalten – Wien ist ein leuchtendes Beispiel für diese Politik. Ich bedaure, dass dies bisher nicht Teil der Darmstädter Stadtentwicklungs-Strategie war. Es wurde und wird so vieles aus den Händen gegeben, dass einem die Tränen kommen können: die Bessunger Logen, das EAD-Gelände, die Fläche an der Gräfenhäuser Straße und auch der Marienplatz.
Wir wissen dass in diesem Fall der Grundstücksverkauf der Finanzierung des Klinikneubaus dienen soll. Der Vorlage wollen wir nicht wegen längst gegessenem Käse Zustimmung verweigern. Ich appelliere aber, die Bodenpolitik in Zukunft nachzujustieren. Wir brauchen langfristige Kontrolle statt Einmaleffekte, die der Hebung der Laune des Kämmerers dienen.
DIE LINKE wird in Zukunft stärker drängen, dass die Stadt ihre Filetstücke nicht mehr verkauft, sondern verpachtet und möglichst sogar Bodenbevorratung betreibt – zum Beispiel bei dem neuen Baugebiet in der Waldkolonie.
Der absolute Knackpunkt bei dieser Vorlage ist die Frage des geförderten Wohnungsbaus.
Wir akzeptieren die Bedenken der Anwohnerschaft und ihren Wunsch, die soziale Mischung ausgewogener zu gestalten.
Nicht einverstanden sind wir mit der vorgeschlagenen Lösung:
Sie wollen die Quote von 25% Sozialwohnungen in anderen, heute noch unbekannten Projekten errichten lassen. Es soll dabei leider auch möglich sein, als Ersatz für Neuerrichtung auch Bindungen für bestehenden Wohnraum zu verlängern. So wird das Ziel verfehlt, das knappes Bauland für möglichst viel geförderten Wohnungsbau zu sichern.
Wir schlagen eine alternative Vorgehensweise vor:
- Lassen Sie uns die Verpflichtung nach dem „Mittelstandsprogramm“ auf von 20% auf 40% verdoppeln.
- Führen wir rasch einen 3. Förderweg ein, der weiter in Tarifeinkommen und reguläre Vollzeitarbeitsplätze hineinreicht. Das ist erforderlich, um die Lücke zu füllen zwischen der Miete von 7,50€/qm nach dem 2. Förderweg und den mindestens 14€/qm im freifinanzierten Segment. Dabei geht es uns nicht nur um das nicht nur Klinik-Projekt, sondern grundsätzlich um eine wichtige Korrektur der momentanen Förderstruktur.
- Die Einkommensgrenze dieses 3. Förderwegs läge um 40% über der für Sozialwohnungen und hätte eine Mietpreis-Begrenzung von 9€/qm. Eine solche eigenständige Ausgestaltung des Wohnungsförderungsgesetzes ist möglich, wie des Beispiel der Stadt Frankfurt zeigt.
- Für das Klinik-Projekt wollen wir 30% nach diesem 3. Förderweg festschreiben, so dass insgesamt 70% gefördert gebaut wird, aber ohne Sozialwohnungen, anstelle von 45% mit anderswo errichteten Sozialwohnungen.
Diesen Vorschlag haben wir gemeinsam mit der SPD als Änderungsantrag formuliert. Wenn wir so vorgehen können, würden wir der Vorlage zustimmen, andernfalls müssen wir ablehnen.