OB-Wahlkampf 2017: „Gegen die Überwachung des öffentlichen Raums“

Banner Videoüberwachung auf dem Lui stoppen!
Meine Maximen zum Thema „Sicherheit“:

  • Ohne soziale Sicherheit keine öffentliche Sicherheit.
  • Prävention vor Repression.
  • Privatsphäre schützen, Datensammlung minimieren.
  • Sicherheitsgefühl verbessern durch Präsenz von Kommunal- und Stadtteilpolizei.

Ich mache aufmerksam auf die Veranstaltung „Videokameras auf dem Lui? Nein danke!“ des Bündnisses Demokratie statt Überwachung in Kooperation mit der Darmstädter Linksfraktion am 9.3. um 19:30 im Justus-Liebig-Haus. Der Referent Nils Zurawski ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kriminologische Sozialforschung der Uni Hamburg. 2016 war er Vertretungsprofessor für Stadt- und Raumsoziologie an der TU Darmstadt.

Die schwarz-grüne Koalition will demnächst durch die Installation von Kameras auf dem Luisenplatz in die Überwachung des öffentlichen Raums einsteigen. Diese Entscheidung ist von grundsätzlicher Bedeutung für die Ausrichtung der bisher im Großen und Ganzen liberalen Darmstädter Ordnungspolitik. Es ist bedauerlich, dass dies nun ausgerechnet unter einem grünen OB revidiert wird. Für das Ergebnis macht es keinen Unterschied, ob es sich um eine Konzession an den Koalitionspartner handelt oder eigenen Vorstellungen entspricht.

Systematische Überwachung des öffentlichen Raums gibt staatlichen Stellen unverhältnismäßigen Einblick in das Leben der Bürgerinnen und Bürger und nimmt ihnen die Kontrolle über ihre Privatsphäre. Kameras an jedem zweiten Mast erzeugen Konformitätsdruck, denn die Menschen fühlen sich ständig beobachtet und passen ihr Verhalten an. Dies gilt umso mehr angesichts der weitreichenden Möglichkeiten der elektronischen Speicherung und Analyse der Mitschnitte des öffentlichen Lebens. Ein Überwachungssystem, das die Zusammenführung und Weiterverarbeitung der Daten ermöglicht, dient sicher nicht mehr nur präventiven Zwecken, wie es die Grünen für das Luisenplatz-Projekt erhoffen.

Der Nutzen zur Vermeidung von Kriminalität hingegen ist zweifelhaft. Durch Videoüberwachung werden eventuell vorhandene Kriminalitätsschwerpunkte nicht aufgelöst, sondern an andere Orte verlagert. Deshalb wäre eine Ausweitung vom Luisenplatz auf andere Bereiche der Innenstadt vorprogrammiert.

Gerade hat die Kriminalstatistik Darmstadt als sicherste Stadt in Hessen benannt. Und auch innerhalb unserer Stadt ist der Luisenplatz kein besonders gefährliches Pflaster. Geklagt wird allerdings über häufige Ordnungswidrigkeiten. Der Einsatz von Videomitschnitten zur nachträglichen Aufklärung derartigen Fehlverhaltens ist wenig effizient und wäre jedenfalls unverhältnismäßig. Bei solchen Problemen ist eine erhöhte Präsenz der niedrigschwellig auftretenden Kommunalpolizei die geeignete Lösung.


Übrigens: Im Kapitel „Sicherheit in den Dienst der Freiheit stellen“ in ihrem Bundestagswahlprogramm 2013 versprechen die Grünen: „Die immer weiter ausufernde Videoüberwachung des öffentlichen Raums wollen wir zurückdrängen.“ Für dieses Ziel müssen sich in Darmstadt nun andere stark machen.