„Das Vertrauen in die Kompetenz und Aufrichtigkeit von HessenForst ist erschüttert“

Rede in der Stavo am 10.2.2022 zu den Anträgen, dem Landesbetrieb HessenForst die Pflege des Darmstädter Stadtwalds zu entziehen.

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

rein formal ist das Land Hessen für die Grausamkeiten verantwortlich, die HessenForst am Waldkunstpfad angerichtet hat und dort wohl auch noch weiter anrichten will.

In der Tat finde ich es schwach, dass die grüne Umweltministerin bei der heftigen Auseinandersetzung um den Darmstädter Ostwald nicht eingreift, beziehungsweise dass sie über ihren Staatssekretär schwache Versprechungen macht, die dann noch nicht einmal eingehalten werden. Man bekommt den Eindruck, dass eine nachhaltige, ökologische Waldbewirtschaftung nicht unbedingt im Kernbereich der Aufmerksamkeit von grüner Forstpolitik liegt.

Es scheint allerdings, dass nicht das Ministerium, sondern HessenForst die treibende Kraft ist bei der Entscheidung, die Baumfällungen am Waldkunstpfad möglichst in unverändertem Umfang durchzuführen.

Aus dem Forstamt war zu hören, dass man nun mal das umsetzen würde, was der Eigentümer vorgibt. Wenn HessenForst nur die ausführende Instanz wäre,
dann könnte der Forstamtsleiter auf die öffentliche Kritik an den Fällungen sachlich entgegnen: „Wir haben den Auftrag vom Eigentümer, die Bäume zum Zweck der Holzernte zu fällen“ oder „Der Plan des Eigentümers ist es, auch gesunde Buchen im besten Alter zu entnehmen um Platz zu schaffen für andere Baumarten“

Dann wäre klar, dass die Diskussion auf Landesebene geführt werden muss und dass HessenForst die falsche Adresse für Kritik ist. Dann würden wir jetzt vielleicht über eine Resolution an die Landesregierung debattieren

Aber stattdessen werden Geschichten erzählt von über hundert geschädigten Bäumen in diesem kleinen Bereich, die wegen der Verkehrssicherungspflicht entnommen werden müssten. Und wenn nachgewiesen wird, dass die Bäume intakt sind, dann heißt es, die Fällungen würden vorausschauend vorgenommen,
weil die Bäume vielleicht künftig kaputt gehen.

Da kann man nur mit dem Kopf schütteln.

Das hat sehr viele Menschen wütend gemacht und das Vertrauen in die Kompetenz und Aufrichtigkeit von HessenForst erschüttert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den letzten Monaten ist Vielen deutlich geworden, dass die Art und Weise wie HessenForst im hessischen Staatswald
im Auftrag der Landesregierung vorgeht, auch uns betrifft bezüglich der Auswahl des Dienstleisters in unserem eigenen Stadtwald. Es gibt schon seit Jahren Kritik an HessenForst. Doch die jüngsten Vorgänge haben das Fass zum Überlaufen gebracht. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir eine Entscheidung treffen müssen.

Deshalb ist es gut, dass diese beiden Anträge vorliegen. Wir hätten eine Aktuelle Stunde beantragen wollen, aber so geht es natürlich auch.

Wir finden es notwendig, dass die Stadt sich nach dem Vorbild vieler Gemeinden in den umliegenden Kreisen von HessenForst löst und einen neuen Dienstleister sucht.

Dabei geht es durchaus auch ein Stück weit darum, Druck zu erzeugen, dass die restlichen Bäume erhalten bleiben und dass HessenForst im Darmstädter Staatswald künftig anders vorgeht.

Aber das Wichtigste ist doch, dass die Stadt in der ökologischen Krise, in der wir uns befinden, mit Forstexperten zusammenarbeitet, die unsere Diskussionen ernst nehmen.

Mit Experten, die den Wald im Einklang oder wenigstens kritischem Dialog mit den Waldschutz-Initiativen so pflegen, dass diese sich künftig nicht mehr an Bäume ketten müssen.

Mit Experten, denen wir zutrauen das richtige Maß zu finden bei der Ausbalancierung der verschiedenen, teilweise widerstrebenden Erfordernisse:
• Schutz von Klima, Boden, Grundwasser
• Erhalt und Verbesserung der Artenvielfalt
• Erholungswert für die Menschen
• und in geringem Maße auch der Holzgewinnung, die allerdings in Siedlungsnähe in unserem gestressten Wald ganz in den Hintergrund rücken muss.

Auf der Website der Forstbetriebsgemeinschaft Rhein-Main sieht man, wie Bäume mit Pferden gerückt werden anstatt mit tonnenschweren Harvestern. So ein Bild möchte ich gerne bei uns im Wald auch einmal sehen.

Kurz gesagt: Wir wollen eine nachhaltige, auf Klima- und Naturschutz und auf die Erholung von Wald und Mensch ausgerichtete Bewirtschaftung der Wälder rund um Darmstadt. Um das zu erreichen braucht die Stadt Darmstadt einen Forstdienstleister, der sich mit Herz und Verstand für diese Ziele einsetzt!

Und das ist für uns so dringlich, dass sogar wir die Ablösung eines öffentlichen Betriebs vorschlagen müssen, der Tariflöhne bezahlt und sichere Arbeitsplätze bietet.

Bei der Neuvergabe des Auftrags oder beim Hinzutreten in eine bestehende Forstbetriebsgemeinschaft müssen tarifliche Entlohnung und andere Kriterien für gute Arbeit zur Voraussetzung gemacht werden. Darauf werden wir jedenfalls achten, wenn diese Versammlung heute die Abkehr von HessenForst beschließt und die Entscheidung für einen neuen Dienstleister ansteht.